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Kommentar – BioShock Infinite: Ein Storyblender lässt Kritiker erblinden

von am 26. April 2013
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Lesezeit: 3 MinutenWenn ein Spiel einen Metascore jenseits der 95 aufweist, kann man eigentlich schon fast vom Spiel des Jahres sprechen. Im Falle von BioShock Infinite wäre ich mir da allerdings nicht so sicher. Wir reden aktuell (Stand: April 2013) von einem Score von 95 (PC, PS3) bzw. 94 (Xbox 360) – bei derart hohen Wertungen steht dem Wörtchen Genrereferenz nicht mehr allzu viel im Wege. Im Grunde also alles supertoll, gäbe es da nicht einen Haken: BioShock Infinite ist bei weitem nicht in allen Belangen ein so tolles Spiel.

Bevor mir jetzt alle mehr oder weniger seriösen Kritiker des Spiels ins Wort fallen, gleich zum Einstieg ein paar beruhigende Worte: Sowohl in Sachen Setting als auch in sich schlüssigem Storytelling bekommt dieses Jahr BioShock Infinite wahrscheinlich auch von mir den Oscar. JA, die fliegende Stadt Columbia ist eine der abgefahrensten und detailverliebtesten Kulissen der letzten Jahre. JA, die Story macht tatsächlich auf ihre Weise erstaunlich viel Sinn (wenn man sie denn versteht) und dürfte unter den Wenigen im Shooter-Bereich die Hochschulreife erreichen.

Aber mich stören auch gar nicht die tollen Aspekte des Spiels. Im Gegenteil! Allerdings kann ich nicht nachvollziehen, dass sich die eingeschworene Fachpresse so sehr in die Story verliebt hat, dass sie das bestenfalls durchschnittliche Gameplay unter den Tisch fallen lässt. Wie schon im ersten BioShock sind die Shoot-Outs fürchterlich unübersichtlich, langweilig und übertrieben brutal. Das schwammige Waffenhandling ist für Shooterverhältnisse eine Katastrophe und die verschiedenen Plasmide, äh Vigors, auch oft zu viel des Guten. Auch der Schwierigkeitsgrad ist völlig unausgewogen und nicht praxisorientiert gestrickt: Jeder getöte Gegner bleibt tot, egal ob ihr danach sterbt oder nicht. Man kann sich also fröhlich von Gegner zu Gegner hangeln und zwischendurch problemlos sterben, bis man irgendwann fertig ist. Ein Game Over hat keine Konsequenzen und raubt dem Spielgeschehen jeglichen Witz. Es gibt jedoch gegen Ende ein paar Stellen im Spiel, wo dieses System völlig versagt: Ein Endgegnertyp kann Gegner respawnen lassen. Dummerweise respawnt eure Munition und eure Health Packs nicht. Sind alle Ressourcen aufgebraucht, müsst ihr euch bewusst killen lassen, um wieder etwas Start-Munition zu bekommen. Dumm dabei ist nur, dass bei jedem Tod auch eure Gegner etwas Energie tanken, was die besagten Kämpfe mit dem Endgegnertypen zu einem Teufelskreis aus Frustration in einem ansonsten ziemlich einfachen Spiel macht.

Richtig altbacken kommen die Skripts daher. Speziell der lange Einstieg bis zur ersten Actionsequenz ist ein Skriptfest aus der Steinzeit: Überall stehen Leute rum. Natürlich fangen sie erst an, ihren Text brav aufzusagen, sobald ich vor ihnen stehe. Ein Luftschiff mit einem Barbershop Quartet fliegt herbei und das Publikum tanzt vergnügt. Dumm nur, dass die Leute immer noch tanzen, auch wenn das Luftschiff schon längst über alle Wolken ist… Ich glaube, sie tanzen immer noch, während ich diesen Text eintippe. Die Illusion einer lebendigen Welt gelingt Bioshock Infinite nur, wenn man nicht stehen bleibt. Sobald ich länger als vom Entwickler gedacht an einer Stelle verharre, befinde ich mich wieder in einem ziemlich durchschaubaren Videospiel. Dann kommt noch das nervige Sammeln von Kleingeld in Mülltonnen (!) hinzu, was wie eine lahme Ausrede von Rollenspielelementen wirkt. Aber gut, den gleichen Fehler hatte ja schon das erste Bioshock gemacht. Hey, moment Mal. Im Prinzip handelt es sich auch um das gleiche Spiel! Tauschen wir die Kulisse und Story mal aus, würden wir vom Spielgefühl her sofort wieder in Rapture untertauchen.

Damit wir uns klar verstehen, die letzten 25 Minuten von BioShock Infinite haben mich auch geflasht und es ist ein Gänsehaut-Ende, an das man sich lange erinnern wird. Gerade in Respektive zum Ende macht es Spaß, bestimmte Szenen im Spielverlauf nochmal zu überdenken und das ein oder andere Aha-Erlebnis abzurufen. Das Spiel hat also definitiv seine Stärken, aber auch unübersehbare Schwächen. Einen Metascore von 95 kann ich daher nicht ernst nehmen. Bioshock Infinite ist unter seiner glänzenden Schale einer clever verpackten Story und detailverliebten Kulisse ein ziemlich altbackener, rudimentärer Shooter, der sich seit dem ersten BioShock kaum weiterentwickelt hat. Liegt das Problem vielleicht gar nicht am Spiel, sondern am Videospiele-Journalismus? Ist BioShock Infinite der Beweis, dass die Presse zwar einem Grafikblender, nicht aber einem Storyblender gewachsen ist? Selbst das beste Drehbuch muss nicht automatisch zum besten Film des Jahres führen. Bei den derzeitigen Rezensionen habe ich oft das Gefühl gehabt, dass die Endnote sich ausschließlich auf die letzten 25 Minuten im Spiel bezieht. Also ist alles Schall und Rauch, solange das Ende passt? Demzufolge wären etliche Spiele auf ganzer Linie unspielbar, weil sie oft mit einem unbefriedigenden Knall zu Ende gehen.

Mich würde mal eure Meinung interessieren. Habt ihr BioShock Infinite durchgespielt und seid vom Ende so geflasht, dass ihr eine 9 bis 10 vergeben würdet? Kann ein Ende so gut sein, dass alle Schwächen vergeben und vergessen sind? Ich mache mal den Anfang. Aus reiner Gameplaysicht bekäme BioShock Infinite im Rahmen unserer IKYG-Werteskala von mir eine durchschnittliche 6. Für das einzigartige Setting und die Mindfuck-Story runde ich großzügig um zwei Punkte auf 8 auf. Aber 9? Oder gar 10? Nicht in meiner Dimension, Freunde. Redakteure von nah und fern, die sich jetzt angesprochen fühlen, dürfen natürlich auch gerne mitkommentieren. Ring frei, dingdingding!

Kommentare
 
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  • MonkeyHead
    27. April 2013 at 14:35

    Ich hab Bioshock nicht gespielt (warum schreib ich dann was?), weil es ein Shooter ist und ich mit denen ja auf Kriegsfuß stehe.
    Aber ich finde, dass Thema was hier angesprochen wird, ist ein ganz anderes. Nämlich die Aussage, das gutes und innovatives Gameplay und eine gut erzählte Story nur sehr selten zusammenkommen. Es gibt etliche Spiele, die eine richtig tolle Geschichte erzählen, aber spielerisch höchstens 0815-Kost bieten (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel). Und da stelle ich mir doch die Frage, lassen sich diese beiden Elemente überhaupt miteinander verbinden?


  • Erunaenia
    27. April 2013 at 14:36

    Wertungen sind doch nichts anderes als Spielspaß in Zahlen ausgedrückt. Abgesehen davon, dass man auf Metacritics nichts geben sollte, hätte BioShock Infinite auch bei mir eine 9/10 bekommen, weil ich genau diesen Spaß hatte. Während die beiden vorherigen Teile mich nach ein paar Stunden gelangweilt hatten, war das hier nicht der Fall.
    Geb dir aber recht, dass viele auf Storyblender reinfallen, ich sag nur Mass Effect 🙂 wo da gutes Gameplay sein soll, ist mir bis heute nicht klar. The Walking Dead von Telltale hat auch seine Schwächen, hat aber dennoch die guten Wertungen verdient. Ich denkte, dass viele Spieler und Reviewer genau darauf Wert legen, auf Story und nicht auf eine Crysis-Grafik etc. Vielleicht kommen daher die hohen Wertungen.


  • Roxasu
    27. April 2013 at 15:06

    Auch wenn ich dir bis zu einem gewissen Punkt zustimmte Johannes, muss ich dir auch widersprechen. Von dem Punkt an, als ich das Spiel in das Laufwerk legte, wusste ich, was mich erwartet.
    Schon allein durch Trailer und Gameplay-Videos war mir von vorneherein klar, dass es ein Standard-Shooter sein wird. Ich habe nichts anderes erwartet. Aber genau das macht mir so Spaß.
    “Never change a running system”
    Warum sollte Irrational Games wahnsinnige Gameplay-Änderungen überlegen, wenn sie – genau wie wir – wissen, dass es so funktioniert? Der Spieler will seine Skript-Sequnzen, der Spieler will Shoot-Outs, der Spieler will sammeln.

    Ich glaube niemand, der dieses Spiel eingelegt hat, hat mit einem Epos gerechnet, das alles verändern wird. Klar, vielleicht waren viele Spieler enttäuscht, was das Gameplay anging, weil es total altbacken ist. Aber im Grunde wusste jeder was ihn erwartet. Und natürlich ist es ein wenig “Blender-like”, wenn die gesamte Gamingpresse über sowas hinwegsieht…. aber dann frag ich mal anders.

    Warum bekommt jeder CoD-Teil Top-Wertungen? Nicht weil es so geile Neuerungen gibt, sondern weil das Alteingesessene funktioniert. Und statt krassen Änderungen gibt es halt mehr CGI, Dubstep und Story. Und genauso ist es auch bei BioShock Infinite der Fall.

    Irrational Games hat niemals vom heiligen Gral der Shooter gesprochen oder es als Innovation beworben. Sondern nur als das, was es ist. Und ganz ehrlich, so wie es ist, ist es gut. Und von wegen “Kulisse austauschen und dann haben wir ein neues Spiel”… funktioniert so nicht jede heutige Fortsetzung?

    Assassin’s Creed
    Halo
    Call of Duty
    selbst Mass Effect

    Wenn du es krass herunterbrichst, sind es alles die gleichen Spiele nur mit minimalen Änderungen und einem neuen Setting.

    Ich gebe dir recht, die Spielepresse hätte den Fokus ihrer Reviews auch mehr auf die genannten Punkte legen können. Zum Beispiel wie in diesem Review http://www.actionbutton.net/?p=3006 in dem das Spiel auch nicht so gut wegkommt.
    Aber im Grunde ist es nun Mal die Story, die wichtig ist. Sonst hätte Heavy Rain auch nur eine 5/10 bekommen. Denn andauernde QTE’s sind echt lahm.


  • totoro
    27. April 2013 at 15:49

    @ Roxasu

    “Never change a running system” ist ja gar nicht mal das Problem. Gegen einen gut spielbaren Shooter habe ich nicht das Geringste einzuwenden. Aber: “Call of Duty” bietet im Gegensatz zu den “Bioshock”-Spielen ein viel besseres Shooter-Gameplay. Irgendwie fühlen sich die Gefechte in “Bioshock” einfach nicht… wie soll ich sagen… “griffig” an. Die Waffen haben einfach keinen richtigen Impact und durch die Skylines wird die Übersichtlichkeit noch zusehens erschwert. Ich schwing auf den Schienen herum, hab keine Ahnung woher meine Gegner schießen, spring mal auf gut Glück wo ab, Zwischendurch drück ich wieder “A” weil Elizabeth mir was zuschmeißt, die Kamera dreht sich wieder zurück, ich hab schon wieder kein Plan wo ich bin und denke mir nur “lasst mich doch alle in Ruh”.

    Natürlich kann man jetzt argumentieren: “The Walking Dead” und “Heavy Rain” haben auch nur eine extrem gute Story und kein nennenswertes Gameplay zu bieten. Aber genau hier liegt aus meiner Sicht die Crux: Beide Spiele sind im Grunde klassische Adventures, welche den Fokus vom vornherein auf Story legen. Natürlich sind QTEs und Point&Click-Mechaniken nicht besonders aufregend, mehr wollen diese Spiele aber auch nicht sein. “Bioshock Infinite” will aber neben einer tollen Geschichte auch ein toller Shooter sein. Und Letzteres ist er gerade im Vergleich mit den Shootern der letzten 5 Jahre nicht. Mir hätte “Bioshock Infinite” wahrscheinlich viel besser gefallen, wenn der Fokus nicht so stark auf Ballern gelegen hätte, denn hier hinkt Irrational Games der Konkurrenz hinterher.

    @ Erunaenia

    Bei Mass Effect 1 würde ich dir noch zustimmen, aber Teil 2 und speziell 3 waren solide Duck’n’Shooter, die nichts grundlegend falsch gemacht haben. Und wenn es anders wäre, wärs auch nur halb so wild, denn Mass Effect ist ja auch eher ein Rollenspiel, was den Fokus eher auf Story verschiebt.

    Ihr habt beide zwar auch einen Punkt und ich will auch nicht verallgemeinern das jeder Shooter gleich gut zu funktionieren hat. Speziell in Sachen Story sind die meisten Shooter ziemlich öde und hier bleibt “Bioshock Infinite” eine löbliche Ausnahme. Aber dann sollte doch bitte auch der Rest gut funktionieren, wenn es hauptsächlich in Sachen Gameplay immer noch ein Shooter ist.

    Wen die Story in “Bioshock Infinite” so geflasht hat, kann ich auch “999: Nine Hours, Nine Persons, Nine Doors” und den Nachfolger “Zero Escape: Virtue’s Last Reward” empfehlen. Mehr Mindfuck geht glaube ich nicht…


  • Roxasu
    27. April 2013 at 16:08

    “Never change a running system” ist ja gar nicht mal das Problem. Gegen einen gut spielbaren Shooter habe ich nicht das Geringste einzuwenden. Aber: “Call of Duty” bietet im Gegensatz zu den “Bioshock”-Spielen ein viel besseres Shooter-Gameplay. Irgendwie fühlen sich die Gefechte in “Bioshock” einfach nicht… wie soll ich sagen… “griffig” an. Die Waffen haben einfach keinen richtigen Impact und durch die Skylines wird die Übersichtlichkeit noch zusehens erschwert. Ich schwing auf den Schienen herum, hab keine Ahnung woher meine Gegner schießen, spring mal auf gut Glück wo ab, Zwischendurch drück ich wieder “A” weil Elizabeth mir was zuschmeißt, die Kamera dreht sich wieder zurück, ich hab schon wieder kein Plan wo ich bin und denke mir nur “lasst mich doch alle in Ruh”.

    Das was du ansprichst, ist meiner Meinung nach etwas komplett persönliches.
    Ich habe nie auch nur ein Problem mit deinen angesprochenen Dingen gehabt. Klar, die Waffen haben nicht so viel IMPACT, aber das auch aus gutem Grund. Immerhin soll der Spieler motiviert werden die Vigors, Risse und Sky-Lines zu verwenden, um den Massen an Gegnern standzuhalten. Natürlich bin auch ich hin und wieder rumgelaufen, wie der letzte Tölpel. Aber in den meisten Fällen wusste ich immer wo meine Gegner waren. Vor allem, wenn ich auf den Skylines war. Durch die Höhe hatte ich das Kampfgeschehen immer im Blick und wenn ich etwas verpasst hab, hab ich mich so stark verlangsamt, dass ich genug Zeit zum rumschauen hab. Anschließend per Tastendruck einen Skyline-Kill, in die Deckung, schießen, von Elizabeth was fangen und weiter gehts.

    Also …vllt. bin ich auch einfach ein alter Shooter-Veteran, aber ich hatte im Prinzip nie Probleme mit den Dingen, die du angesprochen hast. Für mich hat das System perfekt funktioniert. Es war fordernd, nicht zu leicht und hat viele Möglichkeiten geboten. Skylines, Vigors, Risse, Deckung. Für jeden war etwas da.

    Und zu CoD und besserem Shooter-Gameplay… naja, darüber können wir uns auch streiten. Ich persönlich bin der Meinung dass sich da seit Jahren nichts getan hat. Natürlich kannst du jetzt sagen “Es tut sich nichts, weil es gut funktioniert”. Aber für mich funktioniert auch BioShock Infinite gut.


  • Erunaenia
    27. April 2013 at 16:10

    BioShock war generell noch nie ein guter Shooter, deswegen hat mich der dritte Teil auch überrascht, weil er meine Erwartungen übertroffen hat.
    Ich stimme auch Entwicklern zu, wenn die der Meinung sind, dass Shooter wie Call of Duty nicht nur den MP sondern auch Shooter generell “verhunzt” haben, weil alle Gamer scheinbar nur noch dieses eine Spielprinzip wollen und sich auf keine Abwandlung mehr einlassen können. Ich spiel recht oft CoD MP und mir fällt es tatsächlich schwer, mich auf andere MP einzulassen, weil ich das Prinzip so dermaßen gewöhnt bin und es so Einsteigerfreundlich ist, dass mir manchmal bei anderen Shootern die Geduld fehlt, mich darauf einzulassen.
    So sehr man also meckert, dass CoD immer dasselbe ist, änder hier was und du verliert die ganzen Käufer. Vielleicht dachte sich das Irrational Games auch.


  • 27. April 2013 at 16:40

    Bioshock Infinite ist spielerisch eher schwach. Kam nicht über die erste Stunde hinaus.


  • totoro
    27. April 2013 at 16:58

    Ich sage ja nicht, dass “Bioshock Infinite” es 1:1 wie “Call of Duty” machen soll, aber es gibt einfach gewisse Designentscheidungen, über die ich nur den Kopf schütteln kann: Tot bleibende Gegner nach dem Respawnen haben mir jeglichen Spielwitz geraubt. Man kann schön Level für Level durchpflügen und fröhlich dabei drauf gehen, da der Spielertod keine Konsequenzen kennt. Dies war und ist noch nie zeitgemäß gewesen und ließ sämtliche Gefechte im Spiel wie nervige Hürdenläufe erscheinen. Da hat man so viele Möglichkeiten, die Gegner auszuschalten, und brauch sie im Grunde gar nicht – ist schließlich eh egal, wenn man drauf geht.


  • Andre
    27. April 2013 at 17:32

    Ich denke das Problem ist einfach, dass viele Leute noch einem Videospielbild von vor 10 oder 20 jahren hinterherlaufen. Spiele werden nach Levels, Länge,Grafik und Genre bewertet. Doch Videospiele können mittlerweile vielmehr sein als ein reines Spiel sondern auch erzählende Kunst. Ich zerhacke ja auch keinen Film in die verschiedenen Kategorien Kamera, Licht, Schauplätze, Schauspieler und zähle die einzelnen Punkte dann für eine Gesamtnote zusammen.
    Ich denke Spiele wie Walkin Dead oder auch Bioshock, welche spielerisch bestimmt nicht perfekt ist, ziehen nicht aus dem Gameplay ihre Faszination sondern aus dem Gesamtbild und den Geschmack des jeweiligen Konsumenten. Für mich persönlich sind diese hohen Wertungen gerrechtfertigt aber ich denke ein grundlegendes Problem liegt daran, dass die meisten Bewertungen in Videospielzeitschriften nicht mehr zeitgemäß sind und sich die Redakteure evtl. auch Gedanken machen sollten, ob sie in der Lage sind genauso umzudenken. Kurz gesagt ein Naturwissenschaftler kann mit mathematischen Mitteln auch nur bedingt in einer Kunstzeitschrift Bilder analysieren.


  • totoro
    27. April 2013 at 19:30

    Ich glaube, das Problem Wertungsschema kann man aber grundsätzlich nicht dem Videospieljournalismus zuschieben. Hier liegt auch eine nicht unbeträchtliche Teilschuld auch beim Großteil der Konsumenten vor, der mit einer Ziffer mehr anfangen kann als einer schön geschriebenen Kritik.

    Man sieht deutlich am traurigen Beispiel der GEE, dass der Markt eine wertungsfreie Berichterstattung nicht annimmt. Ob man vom Publisher ohne Wertungssystem auch noch mit Testmustern versorgt wird, halte ich für ebenso fragwürdig. Ich würde auch gerne mal drauflos schreiben, ohne “Grafik, Sound, Gameplay” fein bürokratisch abzuhaken – aber das würde glaube ich weniger Leuten zusagen als andersrum. Bis wir das Niveau von Filmkritiken erreicht haben, werden wohl noch einige Monde ins Land ziehen.

    Ich sehe das ähnlich wie du, dass man Videospiele wie jede Kunstform eigentlich nicht auf eine Wertung runterbrechen kann. Einen durchaus guten Weg geht ja die wertungsfreie Sendung Gameone, wobei ich die TV-Sendung allerdings eher im Bereich Entertainment- als Infoformat sehe.


  • Erunaenia
    27. April 2013 at 19:49

    Ich würde nicht sagen, dass Publisher generell ein Wertesystem als Muss ansehen. Meine ersten Reviewer-Schritte hab ich bei genau so einer Seite gemacht und die großen Publisher haben uns immer mit den Spielen und Merchandise versorgt, weil die Reichweite wohl stimmte.
    Für die Firmen selbst ist es auch Stress, mit Redaktionen zu streiten, ob man die 79 nicht doch auf ne 80 aufwerten kann, Entwickler bekommen keine Bonuszahlungen, wenn die 85 nicht erreicht wurde etc. pp. Es würde sicherlich so einigen Leuten entgegen kommen. Zumal unser Wertungssystem immer noch besser ist als die 100er. Was ist schon der Unterschied zwischen 82 und 85?


  • MonkeyHead
    27. April 2013 at 21:30

    Sollte die Diskussion um das Wertungssystem nicht in den Artikel zum Podcast? 😉


  • Andre
    27. April 2013 at 21:54

    Ja ich gebe zu, ich schaue mir ja auch oft noch Wertungen an sie sind ja auch ne ganz gute Orientierung aber das Ding ist ja, wenn so Aussagen gemacht werde wie: “Storyblender”, dann ist das schon sehr haarsträubend und man merkt wie eng verhaftet einige Leute mit der klassischen Wertungssystem sind und vor lauter Bäumen den Wald gar nicht sehen. Wenn der Autor also meint, dass Bioshock wegen seinen spielerischen Mängel, kein geeigneter Kandidat für das den Titel “Game of the Year” wäre, dann hätte er ja schon im letzten Jahr schweissgebadet Harakiri begehen müssen, als der geniale ober”Storyblender” Walking Dead nominiert war und sogar den Titeln gewann. Ich denke hier wurde versucht einfach mal mit einer kontroversen Aussagen für Aufsehen zu sorgen. Was auch gelungen ist, denn wir schreiben hier fleißig Kommentare.
    Ich verstehe, wenn einem das Spiel nicht zusagt, die Geschmäcker sind verschieden aber es ist schon frustierend, wenn solche Aussage im Jahr 2013 von Redakteuren gemacht werden. Warum soll sich ein Spiel nicht einfach nur mal auf die Story konzentrieren, dann ist das Gameplay nun eben mal nur standard. Ich will doch Vielfalt und dann spiele ich eben mal einen interaktiven Film und am nächsten Tag ein Spiel was mehr auf Gamer-Skill setzt. Für sich genommen können diese Spiele von mir aus alle ne super gute 95% Wertung haben. Ich kann ja schlecht ein Battelfield 3 mit einem Bioshock vergleichen. Ich bemängel ja bei Stirb Langsam ja auch nicht die platte Story und beim Paten die wenigen Action-Szenen. Und wenn von so einem ambitioniertes Spiel einfach mal drei Exemplare mehr verkauft werden, dank den Wertungen, dann bin ich einfach mal dabei. Es kann dem sehr uniformierten Videospielmarkt nur gut tun und evtl. auch popkulturell einfach mal Eindruck machen. (Ok ein frommer Wunsch. Viel erschreckender ist. dass ich so etwas samstagnachts schreibe :D)


  • Erunaenia
    27. April 2013 at 23:25

    Zum Thema Kunden und Wertungen: Ich denke nicht, dass man den Lesern die Schuld geben darf. Diese eine Zahl ist eine sehr gute Orientierung und jeder weiß doch selbst am besten, was einem gefällt. Ein gutes Beispiel ist der Landwirtschaftssimulator, der bekommt mittelprächtige Wertungen, verkauft sich aber eine Million mal. Der normale Familienvater wird mit einem reinen Testbericht nicht viel anfangen können, wenn darin mit Begriffen um sich geworfen wird, die er nicht versteht und viel Zeit hat er vielleicht auch nicht. Ob Wertung oder nicht, beides hat Vor- und Nachteile, die perfekte Lösung und den perfekten Test, der alle zufrieden stellt, gibt es nicht. Oder noch nicht…


  • totoro
    28. April 2013 at 00:17

    Natürlich hast du Recht damit, dass hier mit einer Kontra-Stimme nur für Aufsehen gesorgt werden sollte. Muahahaha. Aber mal im Ernst: Natürlich bin ich mir der Plattheit eines Begriffes wie “Storyblender” bewusst, dies sollte auch eher eine Anspielung auf den in der allgemeinen Fachpresse allseits beliebten Begriff “Grafikblender” sein, der bei mir stets müdes Gähnen hervorruft. Wie sagte doch Homer Simpson immer? Erweitert Euren Wortschwatz.

    Bzgl. “The Walking Dead” habe ich ja schon Stellung genommen: In einem Genre, das im Schnitt zu 70% aus Dialog- und Zwischensequenzen besteht, steht Gameplay im vornherein eher im Hintergrund. QTEs und Point&Click-Mechaniken sind hier nur Mittel zum Zweck: Eine Geschichte erzählen. Bei einem Shooter erwarte ich aber mehr. Hier bin fast permanent aktiv in einem Genre, wo Story nicht das Gameplay ersetzt.

    Und wer sagt denn, dass mir “Bioshock Infinite” nicht zugesagt hat? Die Story und das Setting finde ich nach wie vor herausragend gut gelungen und wird in diesem Jahr schwer zu toppen sein. Allerdings sind die Gameplayschwächen zu gravierend, um von einem “Spiel des Jahres”-Überflieger zu sprechen.


  • 28. April 2013 at 20:21

    Damn, hier gehts ja ab!
    Ich muss es noch spielen…:)


  • Joe
    3. Mai 2013 at 23:32

    Also ich habe es mir auf Grund der guten Kritiken gekauft und war danach enttäuscht. Vor allem das Gameplay ist wirklich etwas komisch und die Kämpfe unübersichtlich wie du ja richtig schreibst. Borderlands 2 oder Far Cry 3 sind um Längen besser. Auch wenn die Idee mit der fliegend Stadt nett ist.


  • MonkeyHead
    1. Juni 2013 at 20:27

    Hab’s mir heute mal ausgeliehen und muss sagen, dass es mir schon Soaß macht, auch wenn ich kein Freund von Shootern mehr werde. Aber was mir bisher gefällt, ist die Welt und das Design und der Style. Von der Geschichte hab ich bisher noch nicht so viel mitbekommen, weil ich bis jetzt nur von einem Ort zum anderen laufe und Gegner vernichte.


  • MonkeyHead
    3. Juni 2013 at 21:47

    Auch wenn es wahrscheinlich keinen interessiert und ich etwas spät dran bin, aber ich spiele Infinite immer noch. Habe gerade Elizabeth befreit.

    Da ich ja ein totaler Noob bin was dieses Genre angeht (ich spiele auch auf Leicht) ist mir aufgefallen, dass man Gegner auch tot sterben kann. Wenn ich tot bin, hab ich immer wieder neue Munition und die Gegner aber nicht mehr volle Energie. Das ist eigentlich ne Billo-Taktik und auch etwas, was man dem Spiel ankreiden kann, aber das ist der Grund, warum ich Infinite noch immer spiele.


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